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  • AutorenbildHans Genthe

Segeln mit Plan


Yacht kommt von See nördlich Nord-Koster, Foto Hans Genthe


Tief ziehen die Wolken über unsere Köpfe. Es hat zwar abgeflaut, aber es steht immer noch eine hohe Welle auf die schroffe Küste. Die Abenddämmerung gibt der Szene vor eine dramatische Beleuchtung. Plötzlich leuchtet in einem der wenigen Sonnenstrahlen ein Segel auf. Wer läuft hier jetzt noch ein? Wie Drachenzähne sehen die zahllosen Felsen vor der Küste aus. Fasziniert beobachte – und fotografiere – ich, wie der Segler zielsicher seinen Weg in den Kostersund findet.



Selbstverständlich geht jeder heute davon aus, dass eine Seekarte richtig ist. Dank GPS und Kartenplotter kann jeder bis auf wenige Meter genau wissen, wo er sich befindet. Aber sind die Karten detailliert und vollständig genug, um aus dieser genauen Position den Nutzen zu ziehen? Karten werden von Menschen gemacht, und Menschen sind fehlbar, das weiß ich von mir gut genug. Kartenplotter verleiten dazu, groß heranzuzoomen, und – trotz Warnung der Systeme – zu vergessen, dass der Stein 50cm neben der Hafenmole vielleicht gar nicht vermessen wurde. Wie genau sind eigentlich Seekarten? Wieder ein Thema, dem ich gerne auf den Grund gehe.


"In Westschweden haben wir rund 100 neue, unvermessene Steine gefunden". Hasko Scheid, Geschäftsführer der Nautische Veröffentlichung Verlagsgesellschaft mbH in Arnis, freut sich sichtlich über den Anruf. Sein Team und er vermessen viele Gebiete speziell für Sportbootfahrer. Seine Aussage ist ein Alptraum für mich. Doch er kann mich etwas beruhigen: die gefundenen Steine liegen zum Glück nicht in den Fahrwassern, sondern außerhalb der normalen Routen und innerhalb der Flachwasserzonen.

In Ufernähe verbirgt sich so manch unvermessener Stein. Foto Hans Genthe


Erst seit 250 Jahren ticken die Uhren richtig

Nicht immer war das mit den Karten und der Orientierung so einfach. Vor weniger als 300 Jahren haben die Seefahrer eher zufällig den Punkt wieder gefunden, der auf einer Karte eingezeichnet war. Entfernungsangaben und Winkel waren eher geschätzt als berechnet. Heute ist eine Seekarte gut lesbar und sehr genau. Bei der meistens angewendeten Mercator-Projektion wird die Karte so in Nord-Süd-Richtung verzerrt, dass Längen- und Breitengrade gerade Linien werden und sich rechtwinklig schneiden. Je weiter man vom Äquator zu den Polen kommt, stärker werden die Gebiete vergrößert dargestellt. Wenn der GPS die Koordinaten nennt, weiß man sofort, wo man sich auf der Karte befindet.


So ist heute kaum vorstellbar, dass sich bis vor genau 250 Jahren die Seefahrer auf freier See in Ost-West-Richtung gar nicht orientieren konnten. Denn die geografische Länge wurde erst 1759 dank John Harrisons ersten genauen Zeitmesser erfassbar. Dass Harrisons Uhr richtig tickt, hat James Cook allerdings 14 Jahre später bestätigt. Seine Aussage, das eine baugleiche Uhr sein "nie versagender Führer" war, brachte die Anerkennung für Harrison und 1775 den Durchbruch für Navigation und Kartografie.


Erschwerend für gute Karten kam dazu, dass die Tiefen mit der Lotleine oder einer Stange gemessen werden mussten. Die Toleranzen waren sehr groß, denn der tatsächliche Wasserstand schwankt. Gezeiten, Wind und Wellen machen es dem Vermesser zusätzlich schwer. Doch die Zeiten, in denen Lote geworfen und die Tiefen von Hand in die Karte eingetragen wurden, sind in unseren Gewässern vorbei. Heute wird der Meeresboden nahezu flächendeckend aufgenommen indem die Tiefendaten während der Fahrt automatisch erfasst werden können.



"Wasserstandsbeschickung" ist kein Versandservice

Eine echte Herausforderung ist die Bestimmung des während der Messung vorherrschenden Wasserstandes. Denn durch Wind und Gezeiten schwankt die Höhe teils erheblich.

2 Methoden werden dafür verwendet: Bei der Einen wird anhand eines Referenzpegels – möglichst in der Nähe – der Wasserstand am Ort der Messung berechnet. Dafür werden die Daten vom Pegel per Funk zum Schiff übertragen. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie verwendet für die folgende Berechung ausgefeilte Computermodelle, die in Tidengewässern präzise Ergebnisse zum Zeitpunkt der Messung auswerfen. Dieser Vorgang nennt sich "Beschickung".


Bei der 2. Methode wird anhand der GPS-Satelliten-Signale die Höhe berechnet. Im Gegensatz zu im Handel erhältlichen GPS-Geräten können die Empfänger auf den BSH-Schiffen die Höhe sehr genau berechnen, und das ist deutlich schwerer, als die Länge und Breite. Denn die Erde ist weder eine wirklich runde Kugel noch eine exakte Ellipse, sondern aus der Sicht der Vermessung ein unregelmäßiger Körper. Um Höhen und Tiefen definieren zu können, nimmt man eine virtuelle Meeresoberfläche, die die ganze Erde bedeckt, und nur durch die Gravitation beeinflusst wird, als Basis. Diesen Körper nennt am Geoid, das ist das Normal Null, eine Einheitshöhe, von der gemessen wird. Um die Erde kreisen Satelliten auf elliptischen Bahnen. Über die Position der Satelliten lässt sich ein Punkt auf einer Ellipse, die nahe an der Erdoberfläche liegt, sehr genau bestimmen. Um jetzt aber die Höhe berechnen zu können, braucht man genaue Daten des unregelmäßigen Geoids, um die Differenz zwischen Geoid und dem Satelliten-Ellisoid berechnen zu können. Die Speicherkapazität eines normalen GPS-Gerätes reicht für eine exakte Höhenmessung in der Regel nicht aus.


Übrigens: Um für den ahnungslosen Seekarten-Anwender nun die mögliche Fehlerquote zu erhöhen, werden sich in verschiedenen Gegenden auf der Erde verschiedene Ellipsoide zur Positionsberechnung verwendet. Damit wird die Längen- und Breitenangabe zu einem relativen Begriff. Wenn ein Japaner mit dem Bezugssystem „TOKYO” Koordinaten angibt, und Sie die Daten in Europa in einen GPS mit dem Bezugssystem „WGS 84” eingeben, werden Sie rund 700m daneben liegen. Ebenso empfiehlt es ich, in fremden Gewässern das Bezugssystem der Seekarte zu überprüfen.



Die Datenfischer von Nord- und Ostsee

Die stets aktuelle Seevermessung in Nord- und Ostsee ist Voraussetzung für sichere Navigation. So führt in Deutschland führt am Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie in Fragen der Seevermessung kein Weg vorbei. Für die etwa 1.000 vom BSH herausgegebenen amtlichen Seekarten unterschiedlicher Maßstäbe und Zweckbestimmung steht eine ausgefeilte Technik und Logistik zur Verfügung. 5 Vermessungsschiffe und deren Tochterboote sammeln das ganze Jahr Daten, die in ein leistungsfähiges Digitalisierungssystem für die rechnergestützte Herstellung von Seekarten eingepflegt werden. Für die Sportschifffahrt ist vor allem das Vermessungsschiff "Capella" wichtig, mit nur 1,60m Tiefgang kommt das Schiff selbst in die Boddengewässer. Die Tochterboote erreichen Gebiete die bis zu 80cm flach sind.



Das BSH-Vermessungschiff „Capella hat nur 1,6m Tiefgang, Foto: BSH.


Die Vermessungsschiffe oder Peilboote fahren möglichst rechtwinkelig zu den Tiefenlinien, um die Struktur, die Topografie des Meeresbodens besser zu erfassen. Daher fahren die Boote nicht nach Rastern, sondern nach Routen, die vorher für das Gebiet individuell festgelegt werden, den so genannten „Profilen”.


Beim Abfahren der Profile misst das Vertikal-Lot genau unter dem Schiff die Tiefe. Für den meist gut strakenden Grund der Nordsee ist das eine sehr präzise Methode, vor allem auch bei dem meist vorherrschenden starken Seegang.


Gebiete, die sehr stark strukturiert sind, z.B. Meeresgrund mit vielen Steinen, Riffe oder Schüttstellen werden mit dem Fächerlot ganzflächig erfasst. Auch stark befahrene Routen werden ebenfalls mit dem Fächerlot abgetastet, um sicherzugehen, dass nicht ein Wrack oder Stein frei gespült wurde, der dann aus dem Sand plötzlich herausragt. Bei ruhiger See kann so die 5-fache Breite der Wassertiefe abgetastet werden, bei 10m Wassertiefe also ein Streifen von 50m. Durch Rollbewegung werden bei Seegang die Toleranzen in den Außenbereichen schnell größer, und der Streifen mit brauchbaren Ergebnissen kleiner. Roll und Stampfsensoren erfassen die Bewegungen des Schiffes und ermöglichen gute Messungen auch bei unruhiger See.


Probleme können allerdings auftreten, wenn es im Wasser Grenzschichten entstehen, die Sonarsignale reflektieren, z.B. durch Bereiche mit unterschiedlichen Temperaturen oder Verschmutzungen. Daher werden die Daten an Bord immer sofort durch Mitarbeiter auf Plausibilität überprüft. So kann im Zweifel auch der Schiffsführer des Vermessungsbootes mit einbezogen werden, um eventuelle Falschmessungen zu vermeiden.



Wenig messen, um viel zu messen


In der Nordsee ändern sich die Tiefen und Fahrwasser sehr schnell. Foto: Hans Genthe


Der Meeresboden verändert sich vor allem in der Nordsee sehr schnell. Darum werden hier stark befahrenen oder bekannt veränderliche Bereiche sogar jährlich vermessen. In der Ostsee wird weniger oft, aber genauer vermessen, weil der Boden meistens feinere Strukturen aufweist. Hier gibt es viele kleine Hindernisse wie einzelne Steine, die zuverlässig geortet werden müssen. Körper mit einer Würfelkantenlänge von einem Meter werden über das Flächensonar (Side Scan Sonar) zuverlässig gefunden, und dann untersucht. Und das wiederholt. Gerade junge Wracks verändern sich schnell, durch Strömung entstehen dahinter und darunter Ausspülungen, fachlich richtig Kolke genannt. In diese Löcher kann ein Wrack rutschen und sich dabei aufrichten.

"Bei der zweiten Untersuchung ist jedes vierte Wracke flacher als bei der ersten." Herr Dehling kennt sich aus, er leitet den Bereich Wracksuche beim BSH. "Bei Wracks ist oft eine Untersuchung durch Taucher notwendig, um auch Masten oder schmale Aufbauten zu finden und die Tiefe sicher zu bestimmen." Vor allem in der Nordsee, im trüben Wasser, hilft oft nur ein Abtasten des Gegenstandes, um die Daten des Sonars zu verifizieren. „Das ist ein wirklich gefährlicher Job. An den Wracks verfangen sich oft Netze. Durch die Strömung kann da ein Taucher hineingedrückt werden. Das ist nichts für Amateure.” Nach der Position von Wracks befragt, gibt sich Herr Dehling auch entsprechend bedeckt.


Wracks tauchen auf und verschwinden wieder. Deutlich zu sehen die durch Strömung verursachten Kolke. Foto: Hans Genthe.


An Land werden die Daten weiter ausgedünnt und mit weiteren Informationen angereichert, um als Endprodukt damit die amtlichen Seekarten herstellen zu können. Vor allem die Wasser- und Schifffahrtsämter, aber auch die Bundanstalt für Wasserbau müssen Daten zuliefern, damit eine Karte aussagefähig wird. Ohne die Position von Leuchtfeuern und Tonnen, ohne die Ausgestaltung der Hafenanlagen ist eine Karte nicht vollständig. Die Angaben über Kompaß-Mißweisung und ihrer zu erwartenden Änderung (Säkularvariation) liefert eine andere Abteilung des BSH zu, der erdmagnetische Dienst.


In einer speziell angepassten Software zur Erstellung von Karten werden die Daten zusammengeführt und in Rostock in der BSH-eigenen Druckerei die Karten auf großformatigen Offset-Druckmaschinen gedruckt.




Eine Papierseekarte des BSH kommt aus der Druckmaschine. Foto: BSH


Darüber hinaus liefert das BSH über Digital-Drucker hergestellte Karten oder rein digitale Datensätze mit einer Unmenge von Tiefenangaben an interessierte, zahlende Kunden. „Vor allem die Nordseefischer und die Windanlagenbetreiber schätzen unsere aktuell geplotteten Karten.” So berichtet Herr Dehling.




Herr Dehling vom BSH erläutert die geplottete. Seekarte.




Tausende Tiefenangaben geben detaillierte Informationen. Für den Sportschiffer eher verwirrend.




Karten veralten schneller, als sie gedruckt werden


Damit Veränderungen im und am Meeresboden nicht zur Gefahr werden, gibt der BSH nautische Veröffentlichungen für die Berichtigung und Ergänzung von Seekarten heraus. Bei drohender Gefahr für die Schifffahrt werden die Warnungen per Funk verbreitet.


Die Lösung für die immer aktuelle Seekarte wird eines Tages sicher die „elektronische Seekarte” sein. Doch Karten werden meistens noch von Menschen aufwendig gestaltet. Dabei hilft natürlich heute der Computer, aber Tonnen, Hafenanlagen, Peilungen werden in der Regel individuell eingegeben. Von den fertigen - meist digitalen - Vorlagen für die Papierkarten werden dann die elektronischen Seekarten erstellt.



Ein BSH-Mitarbeiter korrigiert eine Seekarte am Computer


Einen echten Durchbruch in der Kartenproduktion konnte das BSH 2008 erreichen: Als weltweit einer der ersten hydrographischen Dienste gelang es eine Papier-Seekarte zeitgleich mit der digitale Seekarte aus einer zentralen Datenbank ohne analoge Zwischenschritte herzustellen. „Der durch diese Technik erreichte Zeit- und Qualitätsgewinn nautischer Veröffentlichungen hat wirklich Pilotcharakter für die Internationale Hydrographie”, berichtet Dr. Mathias Jonas, Leiter des nautischen Informationsdienstes. „Besonders bemerkenswert ist dabei, dass betroffene Seekarte Nr. 2 einen Teil des Wattenmeeres abdeckt. In kaum einem Revier ändern sich die Tiefen und damit die Fahrwasser so schnell wie hier. Denn die genaue Erfassung der dortigen komplexen Verhältnisse gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben der Seekartographie überhaupt.”


Bei Seegang werden die Sandbänke in der Wesermündung sichtbar. Foto: Hans Genthe.


Das „Nautical Hydrographic Information System“ (NAUTHIS) basiert auf einer komplexen Softwareumgebung, die gemeinsam mit der kanadischen Firma CARIS entwickelt wurde. Kernstück des Großprojektes ist die hydrographische Datenbanksoftware „Hydrographic Production Database“ (HPD).



Die Aufgabe ist besonders komplex, weil der BSH auf viele Informationsquellen außerhalb der eigenen Organisation angewiesen ist. Thomas Dehling erläutert die Schwierigkeiten: „Wenn wir einen digitalen Datenbestand nutzen, muss der genau sein. Ein Beispiel: Früher hat man 2 Richtfeuer und die zugehörige Peilung einfach in die Karte gezeichnet, und die Gradzahl angegeben. Doch die Koordinaten bekommen wir von den Wasser- und Schifffahrtsämtern, für das computergestützte Zeichnen einer Seekarte sind die Daten ausreichend genau, wenn der Zeichner mitdenkt. Für die automatische Berechung einer Peillinie reicht die Genauigkeit oft nicht, eine kleine Abweichung kann bei einem geringen Abstand der Feuer dazu führen, dass die Linie außerhalb des Tonnenstrichs geht, z.B. in der engen Elbe.”


„Nachdem die Produktionssoftware und die neu entwickelten Arbeitsabläufe nun erstmals erfolgreich umgesetzt werden konnten, ist es unsere wichtigste Zukunftsaufgabe der kommenden Jahre, die Datenbankbestände weiter auszubauen”, ergänzt Jonas. So sollen die Datenbankinhalte auch für die Produktion weiterer papiergebundener BSH-Publikationen wie Seehandbücher und die wöchentlichen „Nachrichten für Seefahrer” genutzt werden.


Seekarten aus aller Welt


Seekarten auf Lager halten ist aufgrund der vielen Veränderungen ein finanzielles Risiko. So gibt es wenige hochspezialisierte Anbieter von Seekarten in Deutschland. „Damit unsere Ware frisch bleibt, unterhalten wir einen eigenen Berichtigungsservice.” Herr Hornig von HanseNautic in Hamburg kennt sich sehr gut aus. ”Als Agent der Britischen Admiralität haben wir Karten zu nahezu allen Revieren weltweit – auch Binnenreviere – auf Lager. Wenn wir die Karten nicht berichtigen würden, wären viele veraltet, bevor wir diese verkaufen.” Bei HanseNautic korrigieren Berufsschiffer, gelernte Nautiker, die Karten fachmännisch. Dieser Berichtigungs-Service rechnet sich meist nicht für die europäischen Karten, hier sind neue Karten meist billiger, und aktuell zu haben. Hauptkunde der Hamburger ist die Berufsschifffahrt. Denen werden die Karten auch schon mal nachgeflogen.



Gute Daten bedeutet noch nicht gute Karten


Die exakte Vermessung und die Aktualität ist allerdings nur eine Seite bei der Entstehung einer guten Karte. Die andere Seite sind die relevanten und möglichst vollständgen Informationen für eine bestimmte Nutzergruppe. Segler und Motorbootfahrer brauchen besondere Informationen. „Die Queen Mary kommt nie ins Wattenmeer.” Auf diese einfache Formel bringt Hasko Scheid vom NV-Verlag sein erfolgreiches Konzept. „ So ein Kreuzfahrer braucht ganz andere Seekarten als die Sportschifffahrt. Auf diese besonderen Karten und die ergänzenden Hafenführer haben wir uns spezialisiert."


Gut, wenn jetzt die Karte übersichtlich gestaltet ist. Foto: Hans Genthe.


Der NV-Verlag profitiert besonders von seinem über Jahre aufgebauten Netzwerk. Denn die Informationen für die Karten kommen nicht von selbst. Scheid ist angewiesen auf die Zusammenarbeit mit Behörden, Wasserbaufirmen, Hafenbetreibern und auch den Sportbootskippern selbst. Dafür hat der NV-Verlag im Internet NV-Pedia.de eingerichtet. Hier kann jeder Informationen zu Seekarten eingeben, und so Fehler oder Veränderungen kommunizieren. Diese Angaben werden nach einer redaktionellen Überprüfung zur Qualitätssicherung durch den NV-Verlag frei zugänglich veröffentlicht, sogar mit Detailkarte. Rein theoretisch kann so jeder seine Karten selbst berichtigen - ob sich der Aufwand allerdings angesichts des Setpreises für Seekarten lohnt, muss jeder für sich entscheiden.


Um dieses Zeichen auf der Karte zu wiederzufinden, ist die Gestaltung der Karte entscheidend


"Wir sehen uns als Datenhändler. Die Vollständigkeit und Aktualität der Daten ist eine Dienstleistung, die wir verkaufen. Daher ist es uns egal, ob jemand elektronische Karten oder Papierkarten kauft." Auf die Frage, woher er seine Tiefenangaben erhält, weicht Scheid aus: „Wir haben einen guten Datenbestand und sammeln weitere Daten mit unseren eigenen Peilbooten. Neben den Fahren nach bestimmten Rastern versetzen wir uns auch in die Lage des Sportbootfahrers, und vermessen gezielt nach deren Bedürfnissen. In modderigem Wasser muss man eben enger fahren als in freien Gewässern”.

Auf die Frage an den BSH, ob andere Verlage Ihren Daten verwenden, kommt folgende Stellungnahme: Bei uns kann jeder Daten kaufen. Wir sind Datenhändler.

Ich dränge nicht weiter, eigentlich ist es mir egal, wer hier wen beliefert. Beim Vergleich der Karten der verschiedenen Anbieter vor ein paar Wochen drängte sich der Verdacht auf, die Zusammenarbeit zwischen BSH, NV-Verlag, Delius Klasing, Ämtern und auch uns Sportskippern ist schon ganz gut – und die Seefahrt in unseren Gewässern ist sehr sicher. Nur Open-Source-Projekte wie www.OpenSeaMap.org/ oder www.freietonne.de konnten mich nicht recht überzeugen. Wer sorgt da im Zweifel für die Überprüfung von Daten, von denen mein Leben abhängen kann?


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Seekarten im Zeitalter der digitalen Revolution

Der Nutzen von Elektronischen Seekarten in Verbindung mit Navigationssoftware und PC oder Kartenplotter ist unbestreitbar hoch. Nie war Orientierung so einfach. Und steckt der Teufel im Detail.


Um die Unterschiede zwischen elektronischen Seekarten zu verstehen, muss man wissen, dass es zwei grundlegende Datenformate gibt: Bitmaps und Vektoren. Bei Bitmaps wird jedem Bildpunkt eine Farbe zugeordnet. Wenn eine Karte z.B. 1000 Bildpunkte in der Breite hat, wird diese auf einem Monitor mit 1000 Pixel Breite scharf dargestellt. Vergrößert man die Karte weiter, dann wird diese unscharf dargestellt, weil es weniger Bildpixel als Bildschirmpixel gibt. Wenn es allerdings eine genauere Detailkarte für diesen Bereich gibt, sorgt die Navigationssoftware automatisch dafür, dass die Detailkarte angezeigt wird.




Bitmap-Karten: Automatisch werden in großen Zoomstufen die Detailkarten angezeigt. Die grob gerasterte Darstellung weist den Anwender unmissverständlich darauf hin, dass hier keine genaueren Vermessungsdaten vorhanden sind.


In Karten, die auf Vektorgrafiken basieren, werden die Objekte, aus denen sich ein Bild aufbaut, mathematisch definiert. Ein Kreis kann mit wenigen Parametern genau beschrieben werden: Mittelpunkt-Position, Radius, Linienstärke und Farbe. Unregelmäßige Kurven werden mathematisch mittels Splines angegeben. Man kann sich das ein wenig so vorstellen, als würde man über Punkte Straklatten mit verschiedenen Härten legen und so schöne, glatte Kurven erzeugen. Der Speicherbedarf für Vektorgrafiken ist deutlich geringer, und die Schärfe der Darstellung unendlich gut, unabhängig von der Zoomstufe.


Das bedeutet allerdings nicht, dass die Karte in großen Zoomstufen auch die echte Wassertiefe anzeigt. Wenn die Messungen des Peilbootes nicht ebenso genau waren, wird durch die scharfen Linien eine nicht vorhandene Genauigkeit suggeriert. Ein gutes Navigationsprogramm informiert den Anwender allerdings, wenn er zu stark zoomt. Zudem werden für die entsprechende Zoomstufe nur die Informationen angezeigt, die man benötigt. Das macht die Karten sehr übersichtlich. Weitere Informationen können zusätzlich eingeblendet werden.


Die Qualität der Vektorkarten ist von mehreren Faktoren abhängig: Zum einen müssen die Hersteller die notwendigen Lizenzen kaufen, um die Karten herstellen zu können. Je mehr Details und Informationen, desto teurer wird es natürlich. Aus den meisten Ländern kommen Papierkarten oder Bitmap-Karten. Diese müssen dann vektorisiert werden. Und um alle Details einzuarbeiten, reicht es nicht aus, die Informationen nur bei den hydrografischen Anstalten abzurufen. Da dürfen auch die versetzen Tonnen und wasserbaulichen Maßnahmen nicht fehlen. Da die drei großen Hersteller elektronischer Seekarten nahezu die ganze Welt abdecken, kann es dann schon passieren, dass die Hafeneinfahrt vom ASC in Finkenwerder mehrere Jahre lang in einer elektronischen Karte an der falschen Stelle liegt. Denn die Einfahrt wurde wegen der Airbus-Erweiterung verlegt. Derselbe Hersteller könnte aber in Kroatien die detailreichsten und aktuellsten Informationen liefern. Das nennt man wohl Prioritäten setzen.


Mein Tipp: Gehen Sie mit der Papierkarte des Reviers, für das Sie elektronische Karten benötigen, auf die Messe und vergleichen Sie vor Ort die Genauigkeit. Und behalten Sie immer eine – aktuelle – Papierkarte an Bord.



Vergleich Bitmapkarte und Vektorkarte. Aus der Vektorkarte geht nicht hervor, dass man mit 1,5m Tiefgang diese schöne Bucht erreichen kann.


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